Sonntag, 16. Juli 2017

Von der Rohfassung zum fertigen Manuskript

Hergehört liebe Autoren!

Vor kurzem hatte ich ein Seminar bei zwei freien Lektorinnen belegt und daraus einige Erkenntnisse gewonnen, die ich heute mit euch teilen möchte.

Was ist ein guter Text?

Ein guter Text ist immer im Fluss. Das heißt, er stolpert nicht über Stock und Stein, sondern fließt immer schön geradeaus. Ein guter Text ist verständlich und an die jeweilige Zielgruppe angepasst. Außerdem solltet ihr beim Schreiben eures Textes möglichst denselben Stil beibehalten und euch nicht im Detail verlieren. Haltet eure Sätze möglichst kurz. Gute Orthografie und Grammatik verstehen sich denke ich von selbst. Denkt auch an eine übersichtliche Formatierung.

Häufige Fehler

  • Steigerung eines Superlativs (z. B.: optionaler)
  • Unsaubere Perspektive bei Passiv-Konstruktionen (z. B.: Am Montag wurde der Plan von Architekt Bauer zurückgewiesen.)
  • Gedankenstrick wird als Bindestrich missbraucht
  • Semantische Widersprüche (z. B.: Die Chance zu sterben)
  • Einflüsse aus dem Englischen (z. B.: Bauhaus Pioniere)
  • Ausgelutschte Metaphern (z. B.: Wie Pilze aus dem Boden schießen)
  • Unnötig umständlicher Satzbau
  • "Dass" am Anfang eines Satzes.
  • Infinitivkonstruktionen
  • Überflüssige Informationen

Sprachlich-stilistische Textbearbeitung


Soll die Rohfassung, die einem Lektor oder einer Lektorin vorgelegt wird, zu einem fertigen Manuskript verarbeitet werden, macht er oder sie sich an die sprachlich-stilistische Textverarbeitung:

Grammatik

  • falsche Präpositionen
  • falsche Superlative
  • falsch gebildete indirekte Rede / falscher Konjunktiv
  • Kongruenz der Satzglieder (Singular/Plural)
  • falsche Anschlüsse
  • falsche Relativpronomen

          werden korrigiert

Semantik

  • schiefe Bilder/falsche Metaphern
  • semantische Widersprüche
  • unsaubere Perspektive
  • unpräzise Formulierungen
  • Doppeldeutigkeit
  • fehlende Bindestriche
          werden ggf. mit Erklärung korrigiert

Stil

  • Nominalkonstruktionen
  • Schachtelsätze
  • Redundanzen
  • Passivkonstruktionen
  • umständlicher Satzbau
  • zu weite Satzklammern
  • Euphemismen / Verschleierung von Sachverhalten
  • Wortwiederholungen
  • überflüssige Vorsilben
  • Füllwörter
  • heterogener Stil
  • Klischees
  • Floskeln
          werden ggf. subjektiv korrigiert

Sonntag, 9. Juli 2017

Nicht alle Spiele enden gut

"Das geheime Spiel" von Kate Morton



Allgemeine Informationen:
  • Taschenbuch 688 Seiten
  • Verlag: Diana Taschenbuch (6. November 2007)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3453290313
  • ISBN-13: 978-3453290310
  • Originaltitel: The Shifting Fog

Zum Inhalt:
Mehr als fünfundsiebzig Jahre lang hütete Dr. Grace Bradley das dunkle Geheimnis zweier Schwestern, deren beider Schicksal ein tragisches Ende genommen hat. Doch als alte Frau verlassen sie ihre Kräfte, die Erinnerungen an jene Zeit, die sie im Dienste der Hartford-Schwestern stand, zu verdrängen.
Als vierzehnjähriges Mädchen trat sie kurz vor Beginn des Ersten Weltkriegs ihren Dienst auf dem Anwesen Riverton an. Fasziniert beobachtete die junge Grace die drei Kinder des Hausherrn beim Spielen. Hier erhielt sie Einblicke in eine für sie unerreichbare Welt. Doch wurde aus der unschuldigen Beobachterin bald wider Willen eine Komplizin und nach der schicksalhaften Sommernacht im Jahre 1924, bei der sich der junge Dichter Lord Hunter vermeintlich das Leben nahm, die Hüterin einer großen Schuld, die sie den Rest ihres Lebens nicht mehr loslassen sollte.

Meine Meinung:
»Das geheime Spiel« war der erste Roman, den ich von Kate Morton gelesen habe. Ich frage mich noch heute, wie sie es geschafft hat, mich innerhalb der 688 Seiten so für sich und ihre Geschichten einzunehmen, dass ich am liebsten nichts anderes mehr lesen möchte.
Während des Lesens konnte ich wirklich voll und ganz in die Geschichte eintauchen und hätte das Buch am liebsten gar nicht mehr aus der Hand gelegt. Die Charaktere in »Das geheime Spiel« wurden mir so vertraut, dass sie – und ihr gesamtes Umfeld – für mich lebendig wurden. Die Figur der Grace Bradley ist in meinen Augen die perfekte Protagonistin. Es war beinahe so, als würde ich mir, sobald ich das Buch aufgeschlagen hatte, einen Umhang überwerfen, der mich in Grace Bradley verwandelt und als würde ich durch ihre Augen die Geschichte erleben. Von der stillen Beobachterin bis hin zur wirklich guten Freundin und Vertrauten ihrer Herrin Hannah Hartford.
Umso erschütternder ist das Ende der Geschichte, welches mich wirklich mitgenommen hat. Aber darüber möchte ich an dieser Stelle nicht zu viel verraten ...
Auch über Kate Mortons Schreibstil kann ich nur lobende Worte verlieren. Mit ihrer Wortkunst zauberte sie Bilder in meinen Kopf, die sich auch nach langer Zeit noch immer in meinen Gedanken festhalten und mich nach wie vor beschäftigen.
Ein Schleier der Melancholie und der Schönheit tragischer Ereignisse legt sich bis zum bitteren Ende über den gesamten Roman und bereitet so jedem Liebhaber von verborgenen Geheimnissen einige spannende Lesestunden.

Fazit:
»Das geheime Spiel« gehört eindeutig zu den Büchern, die ich jedem leidenschaftlichen Leser ans Herz legen würde. Mit diesem Roman hat es Kate Morton geschafft, an die Stelle meiner Lieblingsautorin zu treten, den sie sicherlich nicht so einfach wieder hergeben wird.
Alles in allem ein sehr gelungener Roman mit sehr authentischen Charakteren und einem bittersüßen Ende, das einen noch nach der letzten Seite nicht loslässt.
Aufgrund dieser durch und durch lobenden Rezension wird wohl keiner von meiner 5-Sterne-Bewertung überrascht sein.